Wie alles begann

Mein damaliger Lebensgefährte ist 2002 von Nürnberg zu mir gezogen. Seine 10 Tiger konnten wir übergangsweise im LB Tierheim unterbringen, bis wir was Passendes für die Minis gefunden haben.

Zu mir in mein 2-Zimmer-Loft konnten wir sie nicht bringen, meine Nachbarn wären ausgerastet. 12 Katzen und 2 Personen – das war auch mir zu viel.

wieviel Katzen in den KorbDie Katzen waren 1,5 Jahre im LB Tierheim untergebracht. Wir haben einfach nichts gefunden, es war echt schlimm. Aber den Minis ging es sehr gut im Tierheim. Sie hatten ein großes Zimmer mit eingezäuntem Freigang. Trotzdem hat die Tierheimleitung uns langsam Druck gemacht, entweder die Katzen paarweise zu vermitteln, oder dass wir sie endlich aus dem Tierheim holen. Mein Partner stimmte einer Vermittlung partou nicht zu. Und auch ich hoffte noch auf ein Wunder.

Das Wunder hieß nicht „Bern“, sondern Silke und war eine Freundin von früher.

Sie hätte in Wolfsölden, hinter einer alten Scheune, ein großes, leider verwahrlostes Grundstück mit einer kleinen Hütte drauf. Das war es!!! Es steckte zwar viel Arbeit drin, das war klar, aber etwas Besseres werden wir nicht finden. Wir sagten zu und dann ging eine 3monatige  Knochenarbeit los. In dieser Zeit hatten wir viel gestritten, viel geweint und viel gelacht. Ebenfalls zum Ende hin, resignierte Herbert und ich stand quasi alleine da und stemmte alles, auch finanziell. Ich hatte auch noch einen riesen Zaun gekauft. 40 m, 2,50 hoch, schräg abgewinkelt. Kostete ein Vermögen!! Den stellte ich dann bei strömenden Regen mit einem Freund auf. Die Zeit eilte, da Deadline vom Tierheim feststand und ich Gas geben musste. Schaffte dies auch. Der Zaun stand, das Grundstück war so gut es eben ging fertig und ausbruchsicher gemacht und ich konnte die Kleinen holen!!

Hierzu hab ich mir einen Kombi ausgeliehen, da es mit meinem 2-Sitzer absolut unmöglich war, die Katzenkörbe unterzubringen. Das war ein Bild!!! Eine hektische Blondine, mit 10 laut miauenden, auf 5 Katzenkörben verteilte Katzen, ist dann von Ludwigsburg wie von Sinnen nach Wolfsölden gerast. War wie im Wahn. Aber es war ein schöner Wahn. Ein laut miauendes Auto.

Wobei, ich auch immer Angst hatte, ob es das Richtige ist, was ich tue, denn mein Freund war mittlerweile völlig dagegen, lies mich aber gewähren und mich „Meins“ durchziehen. Was Besseres stand ja sowieso nicht zur Diskussion.

So brachte ich also die 10 BigBrother Kandidaten 2004 in ihr neues Zuhause – und zu meiner größten Lebensaufgabe.

Ich wohnte 2 Tage mit in der ca. 15 qm großen Hütte und hatte ebenfalls mein eigenes Katzenklo. Konnte ja nicht raus, da wir nur eine Türe hatten und wenn die aufgegangen wäre, nach Prost Mahlzeit. So hatte ich mir also Versorgungsleitungen gelegt und wie gesagt mein eigenes Klo. Wir hatten Sommer zu dieser Zeit und ich konnte auch die Fenster nur gekippt stehenlassen. Da der linke Bauer von uns Schweine züchtet und der rechte Bauer Hühner hat, kann man sich vorstellen, wie viele Fliegen und Stechmücken bei uns rumschwirrten. Ich zählte auf meiner linken Gesichtshälfte 16!! Mückenstiche. Auf der rechten hab ich nicht mehr angefangen zu zählen. Habe ausgesehen als hätte ich Mumps.

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Die Katzis lebten sich erstaunlich gut und schnell ein. Jedoch wurde uns bald klar, dass ich mir das Geld für den Zaun hätte sparen können, denn Zäune und Katzen funktioniert auch nicht wirklich. Ebenso die Scheune, die angrenzend zum Grundstück gehört, ausbruchsicher zu gestalten  ist einfach unmöglich. So kam es, dass unsere 10er Gruppe bald ganz Wolfsölden unsicher machte und wir dann auch den Zaun wieder entfernten, um es den Kleinen einfacher zu gestalten. So fing das Thema „Wolfsölden“ an.

Bei unseren Umbaumaßnahmen wurden wir bereits immer öfters von einem ansässigen Kater (grau, älter, wild, mürrisch und unkastriert) beobachtet.

Der Kerl war quasi ein klassischer Bauernhofkater, der es im Leben nicht immer leicht hatte. Das sah man deutlich.

Als unsere Hütte fertig war und unsere 10 Katzen (Jerry, Xaver, Tuffy, Micky, Easy, Tom Kötel, Louis, Clara, Balou und Dödel) dort eingezogen sind, war unser wilder Kamerad eigentlich immer auf dem niedrigen Nachbardach anwesend und beobachtete unsere Meute neugierig. Ich hatte – ehrlich gesagt – immer etwas Angst um unsere Lämmer, da ich mir dachte, der Wilde geht in unsere Gruppe rein, wie ein Habicht in einen Schlag Tauben. Aber es kam zum Glück ganz anders.

In dieser Zeit lernte ich meine Nachbarin Petra ganz gut kennen. Mein Kater Leo ist bei ihr eingezogen und so wurde unser Kontakt intensiver. Petra kam immer öfters  mit zu den Katzen und sie bot mir irgendwann auch mal an, den Fütterdienst zu übernehmen, so dass ich auch mal ein einem Tag was anderes abends machen kann, als nur immer jeden Tag nach dem Büro zu den Minis zu düsen.

Dödel

 
  Dödel war leider der Erste, der gerademal 3 Wochen seine neue Heimat genießen konnte.

  Er wurde kurze Zeit später in der 30iger Zone überfahren.

 

Das war ein Schock!!! Ich machte mir riesige Vorwürfe und war mir nicht sicher, ob das alles so für die Katzen richtig war. Aber was Besseres war einfach nicht machbar. Dann die Angst um die Katzis, da sie ja doch sehr lange dort draussen alleine sind. Das war schon alles sehr aufregend und anstrengend, denn die Meute braucht ne Menge Streicheleinheiten, Ansprache  und Liebe. Weiterhin musste ja auch alles sauber gehalten und gepflegt werden.
Aber: sie leben ein freies und eigenständiges Leben. Sie können ein- und aus, wann immer sie möchten. Sie werden versorgt, tierärztlich betreut, lieb gehabt und betreut. Im Winter haben sie einen warmen, trockenen und kuschligen Schlafplatz, mehr geht einfach nicht.

Petra und ich wechselten uns immer öfters ab. Sie war mir mehr als nur eine große Hilfe. Es entstand eine Freundschaft und eine gemeinsame große Liebe zu den Katzen. Das war total schön. Was hätte ich in der Zeit ohne sie gemacht. Ich konnte mich blind auf sie verlassen, so was gibt es nicht oft. Ganz ehrlich, wenn sie mich nicht so großartig unterstützt hätte, was wäre dann aus mir und den Minis geworden.

Als der erste Herbst näher rückte und es langsam draußen auch etwas ungemütlicher wurde, spielte sich das Katzenleben immer mehr im Inneren der Hütte ab. Dort war es kuschelig und gemütlich. Der wilde Kater, den Petras Sohn „Benedikt“ taufte, kam in dieser Zeit auch langsam immer näher, da es  nicht nur für unsere 10 Samtpfoten leckeres Futter gab, sondern auch für ihn.  Das war sehr spannend mit anzusehen. Offensichtlich machte ihm unsere Gruppe auch keine Angst, der Hunger war einfach zu groß und so wurde er immer mutiger und fasste nach und nach Vertrauen.

Benedikt

Eines Tages, saß ich mit meinen 9 Minis auf einer Couch (kein Scherz, ich hatte mindestens 5 auf dem Schoß und der Rest kuschelte sich um meine Hüften), als Benedikt schnur stracks durch die noch offene Katzenklappe stürmte und sich sofort über das Katzenfutter am Boden hermachte. Uns 10 stockte buchstäblich der Atem und ich kam mir vor, wie im Kino, nur sah ich keine Menschenköpfe, die total gebannt diese Szene verfolgten, sondern 9 Katzenköpfchen mit spitzen Öhrchen, die alle in nur eine Richtung starrten, nämlich zu Benedikt, der total ausgehungert und gierig das leckere Futter einatmete. Das war ein sensationeller Augenblick.

Bei dieser Aktion konnte ich erkennen, dass Benedikt eine Verletzung in der Nähe des Kiefergelenkes hatte. Sah aus wie ein Abszess. Er hatte aber beim Fressen keinerlei Probleme, da er die Brocken einfach nur runterschluckte. Ich wusste aber, dass dieses Tier dem Tierarzt vorzustellen ist. Die Frage war nur, wie kann man ihn einfangen.

Wochen vergingen und die Katzenklappe war nicht mehr fixiert, d.h. die Katzen mussten lernen, mit diesem Teil umzugehen. Das klappte hervorragend.

An den Speichelspuren auf den Decken war mir klar, dass auch Benedikt in die Hütte eingezogen ist und die Wärme offensichtlich genießt. Das erleichterte unseren Plan, den Kater einzufangen. Petra, ihr Sohn und ich sind eines Tages ganz leise durch die Scheune geschlichen, zu einer Uhrzeit, in der uns die Katzis niemals vermutet hätten und haben mit einem beherzten Sprung vor die Katzenklappe erst mal halt gemacht.

Benedikt  ROCKatWork 

 

Da standen wir dann zu dritt. Mit Herzrasen und feuchten Händen und der Vermutung in Kürze eine wilde Bestie hier in der Katzenfalle gefangen zu halten. Wer hält nun die Katzenfalle. Dieses Monstrum aus dem Jahr 1835, mit einem Gewicht von gefühlten 50 kg? Ich hatte diese zu Beginn meiner Katzenkarriere mal von einem guten Freund – ebenfalls großartiger Tierschützer, aber leider schon verstorben (K.G.) geschenkt bekommen – . Ich weiß nicht mehr, wer die Falle letztendlich vor das Katzenklappenloch gehalten hat und wer von uns wie bekloppt auf die Seitenwände der Holzhütte geschlagen und einen riesen Radau gemacht hat, damit Benedikt aus der sicheren Hütte fliehen wollte. Fakt ist, das wir ihn so ruck zuck in der Falle hatten. Fakt war auch, dass er keines Falls eine wilde Bestie war, sondern einfach nur ein total verängstigter, unsicherer, wilder Kater. Wir waren überglücklich und fühlten uns wie Helden. Unser erster wilder Kater!!!! Unser erster Tierschutzkater, yes, das fühlte sich toll an. Ab mit ihm zum Tierarzt.

Benedikt – obwohl wie bereits zig mal erwähnt – war beim Tierarzt einfach unglaublich. Er ließ sich ohne Betäubung untersuchen, als ob er wusste, dass ihm hier geholfen wird. Er ließ alles mit sich machen, obwohl er bestimmt Schmerzen hatte, den der Abszess am Kiefergelenk war wirklich riesig. Es floss eine Menge Eiter und die Wunde musste gründlich gereinigt werden. Er ließ alles brav über sich ergehen. Wahnsinn. Da er täglich mit Antibiose behandelt werden musste und wir keine Krankenbox in Wolfsölden hatten, mussten wir Benedikt für 2 Wochen in der Tierklinik lassen.

In der Zeit baute mein Partner in unserer Hütte eine super Krankenbox für Benedikt. Weiterhin fuhr er jeden Tag in die Tierklinik und holte Benedikt mit einer Decke aus seiner Box und setzte ihn sich auf seinen Schoß um ihn zu streicheln. Obwohl Benedikt immer laut knurrte und fauchte holte er ihn trotzdem zu sich auf den Schoß und streichelte ihn und redete mit ihm. Das rettete ihm das Leben und er wurde auch uns Menschen gegenüber etwas vertrauter. Das konnte man jeden Tag mehr und mehr spüren. Unglaublich. Dieser große wilde Kater, früher bestimmt vom Futter immer weggetreten wurde ganz langsam zum Schmusebär. So schön mit anzusehen. Danke HERBERT.  Herbert

Bei Benedikts Untersuchungen wurde festgestellt, dass er an einer Immunschwäche leidet und deshalb der Abszess am Kiefer nicht abheilen konnte. Wir holten ihn zu uns nach Wolfsölden und behandelten ihn dort weiter. Jeden Tag wurden die Kiefergänge mit Medikamenten gespült. Benedikt ließ auch hier alles mit sich geschehen. Selbst 2 Blutegeltherapien die wir an seinem Kiefer angesetzt hatten, ließ er total lieb über sich ergehen. Was für ein Kater. Nach liebevoller Therapie, Zusprache, Streicheleinheiten, gutes Futter und gewohnter Umgebung wurde dieser große Kerl langsam gesund und zutraulich. Wir konnten ihn nach 4 Wochen Krankenboxaufenthalt endlich wieder laufen lassen. Und: er blieb und war uns immer noch wohlgesonnen. So hatten wir also unseren ersten, nicht geplanten Neuzugang.

Es hatte sich in der Katzenwelt rumgesprochen, dass es hier eine Hütte gibt, in der man im Winter es sogar warm und kuschelig hat. So kamen immer mehr Neuzugänge dazu. Auch von den angrenzenden Tierheimen wurden wir angesprochen, ob wir nicht „schwer vermittelbare“ Katzen aufnehmen könnten und was soll ich sagen, nachdem wir eine 2te Kranken- und Eingewöhnungsbox gebaut haben, konnten wir natürlich noch einigen Katzen ein schönes Zuhause bieten.

2005 trennte ich mit von meinem Partner und stemmte mein privates Tierheim einige Jahre alleine. Das war eine schwere Zeit, aber ich wollte es so. Teilweise hatte ich große Angst, dass ich irgendwann mal mit Norwegerpulli, Hornbrille und Birkenstocklatschen enden werde, wie ich mir eigentlich immer die klassischen Tierschützer vorgestellt habe. Wie oft saß ich drüben bei den Kleinen und hab nur geheult…..DSC03488

Fortsetzung folgt…..